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Fett statt Kohlenhydrate

Als ich anfing meine ersten Ernährungskurse zu halten, lehrte ich vollkommen gegen den Mainstream. Damals war Fett in der gesamten westlichen Welt noch der erklärte Feind. Low Fat Produkte waren extrem trendy, während ich nur von den Kohlenhydraten sprach. Meine Vorbilder waren Montignac und Dr. Nicolai Worm. Und ich sprach aus tiefster Überzeugung, hatte ich mich doch zuvor jahrelang mit Fettsparen abgequält (mit höchst mäßigem Erfolg und wenig Genuss). Im Gegenzug war ich vollkommen begeistert wie gut das lief, wenn man auf Zucker und Weißmehl konsequent verzichtete und sich dafür das Steak schmecken ließ.

Schattenseiten…

Ich musste allerdings auch erkennen, dass meine Philosophie auch ihre Schattenseiten hatte. Die einschlägigen Ernährungsgesellschaften hielten damals noch verbissen an ihrer „Wenig Fett, viel Kohlenhydrate“ – Theorie fest und unterstützten davon abweichende Programme in keinster Weise. Was die Gesellschaft für Ernährung sagt, ist Gesetz. (Daran hat sich bis heute übrigens nichts geändert.)

Obwohl ich mir damals so sicher war, dass mein Weg richtig war, begann ich ein bisschen zu zweifeln und relativierte meine Aussagen ab und an. Denn das Fett als unschuldig oder gar gesundheitsfördernd darzustellen, das ging ja gar nicht. Schon gar nicht, wenn man seine Meinung öffentlich kundtut.

So spreche ich heute über Fett

Heute bin ich da wieder viel mutiger. Ich beobachte wie sich „alte Fett-Theorien“ zunehmend als nicht haltbar erweisen. Ich verfolge neue Studien, die plötzlich sogar gesättigten Fettsäuren gesundheitsfördernde Eigenschaften nachweisen. Und ich vertraue meinem Gefühl, spüre in meinen Körper hinein. Und ich traue mich ganz klare Aussagen zu treffen: (industrielle) Transfettsäuren sind mies und man soll die Finger davon lassen. Gesättigte Fettsäuren sind okay, aber man braucht nicht zuviel davon, denn sie machen auch ein bisschen träge und setzen sich bei übermäßigem Verzehr an. Ungesättigte Fettsäuren sind gut, aber nicht immer. Manchmal können sie dem Körper auch schaden. Und: nicht jeder Körper geht gleich gut mit dem Fett um. Es gibt vielmehr eine große genetische Komponente bei der ganzen Angelegenheit.

Und in 10 Jahren?

Viele Fette, die lange verpönt waren, sind inzwischen en vogue. Man denke an das Kokosöl oder das Gänseschmalz. Was lehrt uns das? Wir wissen in Wirklichkeit immer noch zu wenig über die Ernährung. Höchstwahrscheinlich sind in 10 Jahren die heutigen Erkenntnisse auch schon wieder überholt. Muss mich das nervös machen? Ich denke nicht. Denn eines wird auch in 10 Jahren noch so gelten: wer auf seinen Körper hört und eine gewisse Sensibilität für ihn entwickelt, wird sicher richtig liegen.

Keine Kohlenhydrate abends, heißt es. Ganz richtig, denn die erhöhte Insulinausschüttung am Abend blockiert nicht nur unsere Fettverbrennung in der Nacht, sondern hemmt auch die Produktion von Wachstumshormonen, die uns jung und fesch halten.

Welche Kohlenhydrate abends?

Doch was heißt das genau? Wann bekomme ich dafür noch einen Challenge-Punkt und wann nicht? Im Großen und Ganzen geht es um die „klassischen“ Kohlenhydrate, wie Nudeln, Reis, Quinoa, Amaranth, Bulgur, Brot oder auch Kartoffeln. Wer die am Abend weglässt, kann sich gern einen Punkt dafür schreiben. Wer es ganz besonders streng nehmen möchte, bezieht auch Obst und andere Fitmacher-Kohlenhydrate hier mit ein. (Von den Dickmacher-Kohlenhydraten reden wir ja gar nicht). Denn natürlich produzieren auch diese – durchaus gesunden – Kohlenhydrate Insulin. Doch ich denke bei der Challenge weniger an Perfektion und mehr an Umsetzbarkeit. Schlankmacher-Kohlenhydrate zählen zwar auch zu den Kohlenhydraten, haben aber eine so geringe Insulinauswirkung, dass sie in dieser Frage nicht ins Gewicht fallen.

Kombination Fett und Kohlenhydrate

Der zweite Punkt, der ein paar Fragen aufwirft ist das Thema „Kombination Fett und Kohlenhydrate“. Diese sollte man möglichst vermeiden, vor allem dann, wenn man abnehmen möchte. Wenn es einem „nur“ um die Gesundheit geht, ist gegen diese Kombination grundsätzlich nichts einzuwenden. Doch wie steht es z.B. mit Olivenöl, Avocado, Nüsse, etc.? Darf man die nun kombinieren oder nicht? Hier gibt es für mich ein klares JA. Warum? Diese Fette bestehen hauptsächlich aus ungesättigten Fettsäuren. Diese sind im Körper aus Bau- und Strukturfett vorgesehen. Im Gegensatz zu den gesättigten Fettsäuren aus Fleisch, Wurst, Milchprodukten, etc. Diese dienen als Brennfett und werden – wenn sie nicht verbrannt werden – auch eingelagert. Man könnte also diese Regel konkretisieren und sagen: „Kohlenhydrate nicht mit gesättigten Fettsäuren kombinieren“.

Mehr zum Thema Fett kommt in der nächsten Woche!

 

Weiterhin viel Erfolg und toi, toi, toi!
>> Infos zur Challenge

Martinigans und Gänsefett rehabilitiert

Öfters als einmal im Jahr darf sie selten auf der Speisekarte stehen.  Viel zu fett, zu üppig und überhaupt viel zu viele Kalorien. Die Gans. Kaum ein anderes Festtagsgericht löst so viel schlechtes Gewissen aus wie der Gänsebraten. Ist das Gänsefett wirklich so böse? Der ernährungstechnische Supergau? Oder haben wir uns jahrelang getäuscht und die Gans überrascht uns womöglich mit gesundheitlichen Nährwerten? Blicken wir dazu doch einmal einige Jahrzehnte zurück und wenden uns der Geschichte des Fettes im Allgemeinen zu.

Fett war nicht immer böse

Die Geschichte vom Fett ähnelt einem dramatischen Roman, indem das vielgeliebte Kind plötzlich – weil zum Bösewicht mutiert – verstoßen wird, um dann Jahre später – rehabilitiert – wieder in den Kreis der Familie aufgenommen zu werden.

Ursprünglich wurden fette Speisen hoch geschätzt, denn sie sicherten das Überleben. Sie machten satt und dienten als perfekter Geschmacksverstärker. Nur leider gab es sie eben nicht im Überfluss, sondern erfreuten an Sonn- und Feiertagen den Gaumen der Familienmitglieder. Mit wachsendem Wohlstand hielt Fett dann öfter Einzug in den täglichen Ernährungsplan. (Mit ihm allerdings auch weitere bis dato rare Nahrungsmittel, wie Zucker oder industriell gefertigte Produkte….)

Fett als Auslöser für Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen?

Der gesundheitliche Zustand der Bevölkerung ließ gleichzeitig plötzlich zu wünschen übrig. Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen häuften sich. In dieser Zeit wurden die ersten Anti-Fett-Studien veröffentlicht, die einen angeblichen Zusammenhang zwischen Fett und eben diesen Erkrankungen belegen sollten. Schnell war damit der Übertäter identifiziert. Prüft man die Studien heute hinsichtlich Studiendesign und Datenlage, stellt man fest, dass ein Großteil der damaligen Studien nicht mehr den heuten Ansprüchen genügen würden und als Studie glatt durchfallen würden. Vor allem auch der Zusammenhang mit anderen Lebensmitteln, die zwangläufig gemeinsam mit Fett konsumiert werden, wurde ausgeblendet. Dem Fett war aber inzwischen längst der Stempel als Bösewicht aufgedrückt und ließ sich viele Jahrzehnte auch nicht mehr lösen.

Ein Sinneswandel tritt ein…

Irgendwann kam man drauf, dass es innerhalb der Fette auch sogenannte „gute Fette“ oder „Fitmacher-Fette“ gibt, welche sich auf das Herz-Kreislauf-System sogar positiv auswirken. Der Hype um Olivenöl (die guten einfach ungesättigten Fettsäuren) und Lachs (die so seltenen und wichtigen Omega-3 Fettsäuren) beginnt. Jetzt stehen Zucker und Weißmehl plötzlich auf der roten Liste.

Fettsäuren im Gänsefett

Und die Gans? Der gesundheitsbewusste Genießer macht immer noch einen Bogen darum. Quasi nach dem Motto „Sicher ist Sicher“ und eine Gans kann einfach nicht gesund sein. Werfen wir doch einen Blick auf Fettsäurezusammensetzung von Gänsefett. Große Überraschung. Das Gänsefett besteht zu fast 60% aus einfach ungesättigten Fettsäuren. Die gleichen Fettsäuren, die das Olivenöl zum Superstar unter den Fetten krönten. Handelt es sich um eine Weidegans, deren Speiseplan aus Käfern, Schnecken und Würmern und nicht aus Maisbrei besteht, dann lassen sich sogar beachtliche 11% mehrfach ungesättigte Fettsäuren, wie Omega-3, identifizieren. Bleibt noch ein Anteil von ca. 29% an gesättigten Fettsäuren. Immerhin die müssen böse sein, oder?

Martinigans Sous-Vide

Gänsefett im Blick: die Sous-vide gegarte Martinigans auf dem Prüfstand

Prinzipiell ist es einmal so, dass gesättigte Fettsäuren dem Körper als so genanntes Brennfett dienen (im Gegensatz zu den ungesättigten, die als Bau- und Strukturfett ihren Einsatzbereich haben). Das bedeutet nichts anderes als: solange ich die Kalorien aus diesem Brennfett auch verbrenne, ist alles gut und mein Gewicht bleibt stabil. Lediglich ein Überschuss wird als Depotfett eingelagert. Ob es aber einen wirklichen Zusammenhang zwischen Herz-Kreislauferkrankungen und dem Konsum von gesättigten Fettsäuren gibt, wird in Fachkreisen zunehmend in Frage gestellt.

Noch mehr Vorteile

Die gesundheitlichen Vorteile von Gänseschmalz wussten offensichtlich schon die alten Römer zu schätzen und nutzten sie für medizinische Zwecke zur inneren und äußeren Anwendung. Auch heute noch gelten Gänseschmalzwickel als Hausmittel bei angehenden Erkältungskrankheiten. Dafür verantwortlich ist die sogenannte Palmitoleinsäure, die u.a. antimikrobiell wirkt.

Gegenüber Olivenöl bietet Gänseschmalz einen entscheidenden Vorteil. Es ist nahezu unverwüstlich und kann auf über 200 Grad erhitzt werden, ohne dass sich schädliche Transfettsäuren bilden. Ein ideales Fett zum Anbraten also.

Fett gut, alles gut.

Sich vor der Gans zu fürchten oder mit schlechtem Gewissen aus dem Martinigansl-Essen zu gehen, ist auf jeden Fall einmal fehl am Platz. Die Kalorienanzahl ist mit 350 pro 100g Gans sicherlich hoch, so dass eine Laufrunde nach der Schlemmermahlzeit sicherlich nie verkehrt ist. Überdenken sollte man vielleicht die jeweiligen Beilagen zum Gänsebraten. Denn gerade die Kombination von schnellen Kohlenhydraten und Fett hat es in sich. Meine Empfehlung: lieber ein Löffel mehr Rotkohl und weniger Knödel und dem gesunden Genuss steht nichts mehr im Weg.

Bleibt nur noch die Frage nach der richtigen Zubereitung, denn die kann ganz schön aufwändig werden. Immerhin dauert es mehrere Stunden bis eine ganze Gans im Ofen fertig ist. Ich bin daher seit einiger Zeit ein großer Fan von Sous-Vide vorgegarten Produkten geworden. Die Firma Rotwild und Frischling, aber auch Meat and Eat by Jules (Julian Grössinger) bieten hier tolle Möglichkeiten an, damit die Gans ruckzuck fertig ist.  Neugierig geworden? Dann gönnt Euch doch erstmal mein Video dazu, bevor Ihr Euch das nächste Martinigansl schmecken lasst!